Episode 2 – Annahmen und Missverständnisse – ein genauerer Blick auf das StaRUG

In dieser Folge werfen wir mit Andreas Liebaug einen genaueren Blick auf das StaRUG und sprechen über die Annahmen und Missverständnisse zu diesem neuen Gesetz und wie man es richtig anwendet.

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Transkript

Matthias Braun: Hallo, willkommen zum Restructum Podcast. Mein Name ist Matthias Braun. Ich freue mich, dass wir heute Andreas Liebaug als Gast bei uns haben. Er ist seit mehr als 15 Jahren als Restrukturierungsexperte tätig. Gemeinsam werden wir das StaRUG unter die Lupe nehmen. Und dabei geht es uns darum zu erläutern, wobei eine StaRUG-Restrukturierung einem Unternehmen helfen kann und wobei nicht. Herzlich willkommen Herr Liebaug.

Andreas Liebaug: Hallo, freut mich ebenfalls Herr Braun.

Braun: Eine Frage, das StaRUG ist ja ein sehr neues Restrukturierungsverfahren. Warum ist es aus Ihrer Sicht besonders wichtig als Unternehmer sich damit zu befassen und sich damit auch auszukennen?

Liebaug: Dazu muss man wissen, dass das neue Gesetz über das wir heute reden, der StaRUG das sogenannte Unternehmen Stabilisierungs- und Restrukturierungs- Gesetz gerade am 1.1. 2021 in Kraft getreten ist. Und wirklich die Restrukturierungs-Praxis in Deutschland nochmal komplett auf neue Füße stellt, weil die Restrukturierung über der StaRUG letztendlich schneller und gezielt bearbeitet werden kann und der StaRUG dazu einen modularen Baukasten bietet, den der Unternehmer nutzen kann, aber auch nicht vollständig nutzen muss. Aber man sollte natürlich auf jeden Fall die Möglichkeiten der StaRUG als Unternehmer, oder insbesondere als Berater natürlich kennen und deswegen sitzen wir heute hier zusammen.

Braun: Das klingt ja schon sehr gut. Ich kann etwas nutzen, muss aber nicht alles zwingend einsetzen. Und ich kann mir aussuchen, was ich nutzen will und was nicht. Ich muss aber daher ja auch Bescheid wissen, was im StaRUG möglich ist und was eben nicht. Wir wollen uns deswegen gemeinsam mit Ihnen Herr Liebaug verschiedene Szenarien anschauen und sehen, was das StaRUG leisten kann und wobei dann eben, oder in welchen Fällen eben, eine Insolvenz doch die bessere Alternative ist. Lassen Sie uns direkt mit dem ersten Szenario starten: Das StaRUG bietet mir das haben wir gehört als Unternehmer einen modularen Baukasten und eine Möglichkeit, mein Unternehmen in eigener Regie zu restrukturieren. Das Ganze dann mit oder ohne gerichtliche Beteiligung. Ist das richtig?

Liebaug: Genau so ist es, Herr Braun. Letztendlich dient der StaRUG, unser neues Restrukturierungesgesetz, dazu Insolvenzen zu vermeiden. Das heißt dieses Gesetz, oder dieser Rahmen den das Gesetz bietet hat das Ziel Insolvenzen abzuwenden, sodass man dieses StaRUG letztendlich frühzeitig nutzen sollte. Als Unternehmer im besten Fall. Das heißt man sollte und das sieht der StaRUG auch vor, denn hier werden Krisenfrüherkennungssysteme auch mit dem StaRUG implementiert, als Unternehmer letztendlich über die wirtschaftliche Situation seines Unternehmens immer informiert sein. Das heißt, man sollte im besten Fall eine ordentliche Liquiditäts- und Ertragslage haben. Man sollte wissen, und dieses Ziel hat der StaRUG, wann mein Unternehmen in eine Krise schlittert auf gut Deutsch und wann gegebenenfalls eine Situation eintritt, in der mein Unternehmen im Bestand gefährdet ist. Und wenn mir meine Krisenfrüherkennungssysteme die ich als Unternehmer eingeführt habe zeigen, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt diese Situation eintritt, dann sollte ich reagieren.

Braun: Da sieht man mal wieder. Je früher man die Krise erkennt, umso größer sind die Chancen entsprechend reagieren zu können. Jetzt ist aber natürlich dann die Frage: Klar reagieren sollte ich, aber wie sollte denn eine solche Reaktion aussehen, Herr Liebaug? Wie kann ich denn da entsprechend agieren, wenn mir meine entsprechenden Krisenfrüherkennungssysteme Alarm geschlagen haben?

Liebaug: Das ist dann natürlich in der Regel eine Situation, dass ist hier auch die Zielsetzung, in der noch keine Insolvenzreife vorliegt. Das heißt das Unternehmen noch nicht zahlungsunfähig ist oder noch nicht überschuldet ist, sondern maximal drohend zahlungsunfähig, wie der Jurist sagt. Das heißt eine bestandsgefährdende Situation des Unternehmens tatsächlich erst in Zukunft eintreten wird, aber ich dann jetzt schon reagieren kann. Und dann hätte ich eben die Möglichkeit, das neue StaRUG zu nutzen. Das heißt den Restrukturierungs-Rahmen denen dieses Verfahren bietet zu nutzen, ein Restrukturierungs-Vorhaben bei einem Restrukturierungs-Gericht anzuzeigen und dann auch die Instrumente, die das StaRUG bietet, in Form eines modularen Baukastens zu nutzen. Wichtig ist: Dieses Verfahren muss beim Gericht zumindest angezeigt werden, damit ich diese Instrumente nutzen kann. Ohne Anzeige beim Restrukturierungsgericht, also ohne Anzeige des Restrukturierungs-Vorhabens kann ich die Instrumente nicht nutzen.

Braun: Das ist ein interessanter Punkt den Sie da ansprechen, Herr Liebaug. Auch wenn das StaRUG natürlich eine außergerichtliche Restrukturierung ist, muss ich zum Gericht gehen und die Restrukturierungen anzeigen. Das heißt aber natürlich auch nochmal klarer, dass ich mir vorher die Gedanken gemacht haben muss, was kann ich denn mit dem StaRUG überhaupt für mein Unternehmen erreichen und welche Instrumente will ich denn nutzen? Da ist natürlich dann die entscheidende Frage: Welche Instrumente bietet das StaRUG denn überhaupt?

Liebaug: Ich habe beispielsweise die Möglichkeit das Gericht miteinzubeziehen wenn ich über ein Restrukturierungs-Plan, der Kern des StaRUG und Restrukturierung-Rahmens ist, mit meinen Gläubigern verhandel. Bei Ziel des Restrukturierungs-Verfahrens ist es letztendlich mein Unternehmen zu entschulden, zu sanieren und einen Schuldenschnitt mit meinen Gläubigern herbeizuführen. Also ein Schuldenschnitt, d. h. einen Erlass von Forderungen, ein Verzicht auf Forderungen, oder eine Stundung von Forderungen. Und der StaRUG bietet dazu letztendlich den Rahmen. Und das Gericht kann eben dadurch unterstützen, dass man Abstimmungen vor Gericht abhält mit den Gläubigern, das Gerichts diese Abstimmung leitet. Das Gericht kann auf Antrag auch eine sogenannte Stabilisierungsanordnung erlassen, das bietet einen gewissen Schutz vor Zwangsvollstreckungsmaßnahmen von Gläubigern.

Liebaug: Das bietet einen Schutz vor Verwertungsmaßnahmen von Aussonderungsgläubigern. Das heißt beispielsweise Leasing, Leasing Gebern, also Leasing Fahrzeuge können nicht mehr entwendet werden durch die Eigentümer. Diese Möglichkeiten bietet das StaRUG und der Kern der StaRUG, der Restrukturierungs-Plan hat dann natürlich letztendlich zum Ziel eine Einigung mit meinen Gläubigern zu erreichen und in diesem Zusammenhang. Aber da kommen wir vielleicht später auch noch drauf. Bietet das Gesetz, dass ist ein bisschen angelehnt an die Insolvenzordnung, da wurde etwas wenn man so will kopiert. Da bietet das Gesetz die Möglichkeit, meine Gläubiger in Gruppen einzuteilen und die Gläubiger in Gruppen über meinen Restrukturierungs-Vorhaben, über den Plan abstimmen zu lassen. Der Vorteil ist hier, dass ich keine hundertprozentige Gläubigerzustimmung benötige, wie außerhalb oder wie ein wie in der klassischen außergerichtlichen Sanierung, sondern ich brauche nur eine 75 prozentige Note, also ein Quorum. Ein 75 prozentige Score meiner Gläubiger, sodass ich letztendlich hierüber die Möglichkeit habe, natürlich auch Gläubiger, insbesondere Akkord-Störer dann auch überstimmen zu lassen.

Braun: Das ist wirklich eine echte Erleichterung, wenn ich nicht mehr 100 Prozent meiner Gläubiger überzeugen muss, sondern die Mehrheit entscheidet. Und ich finde das ist schon ein entscheidender Vorteil, der für eine StaRUG Restrukturierung spricht. Welche weiteren Vorteile hat denn das StaRUG noch, Herr Liebaug?

Liebaug: Ein weiterer Vorteil ist in dem Moment wenn ich das Verfahren eingeleitet habe, dass ich nicht Insolvenzantragspflichtig bin. Das heißt in dem Moment wenn ich das Restrukturierungsvorhaben einleite, darf ich nicht insolvenzreif sein. Wenn die Insolvenzreife aber später während Restrukturierung eintritt, bin ich nicht mehr verpflichtet einen Insolvenzantrag zu stellen. Ich bin dann allerdings verpflichtet, die Insolvenzreife dem Gericht, dem Restrukturierungs-Gericht anzuzeigen, unmittelbar anzuzeigen und das Gericht entscheidet dann, wie damit umzugehen ist. Im Best Case wird es das Restrukturierungsverfahren beibehalten, wenn die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen. Andernfalls würde es unter Umständen aufgehoben werden müssen und dann in ein Insolvenzverfahren eingeleitet.

Braun: Dann wäre es ja auch ein Szenario, dass ich als Unternehmer schlichtweg sage okay, ich mache ein StaRUG Verfahren und dann muss ich ja keinen Insolvenzantrag mehr stellen. Das heißt also, mich würde auch die persönliche finanzielle Haftung nicht treffen, die ich ja durch eine Insolvenzverschleppung zum Beispiel hätte. Ist das zutreffend?

Liebaug: Nein. Also der StaRUG schließt natürlich die klassische Insolvenzantragspflicht nicht aus. Das heißt die Insolvenzgründe, wie sie in der Insolvenzordnung festgeschrieben sind, bestehen weiterhin. Die Insolvenzreife wie z.B. die Zahlungsunfähigkeit oder die Überschuldung begründen immer noch ein Insolvenztatbestand. Das heißt wenn diese Insolvenzreife vorliegt, wenn ein Unternehmen zahlungsunfähig oder überschuldet ist, muss ich auch weiterhin einen Insolvenzantrag stellen. Das ist eben nur ausnahmsweise nicht der Fall wenn ich schon in einem Restrukturierungs-Verfahren bin, dann ist diese Insolvenzantragspflicht ausgesetzt, sondern wird ersetzt durch die Anzeige der Insolvenzreife beim Restrukturierungs-Gericht. Aber grundsätzlich, außerhalb des StaRUG-Verfahrens, bestehen die Insolvenzgründe natürlich weiterhin und ich muss diesen Antrag stellen. Und wenn ich diesen Antrag nicht stelle, habe ich natürlich das Risiko der persönlichen Haftung, eine Insolvenzverschleppungs-Haftung.

Braun: Jetzt haben wir gelernt, dass das StaRUG eine Restrukturierung ermöglicht ohne Insolvenzverfahren zwar mit Anzeige beim Gericht, dabei jetzt nicht im dem klassischen Prozess eines Insolvenzverfahrens. Es gibt ja auch keinen Insolvenzverwalter. Jetzt ist es aber so, ich kann ja nicht sagen ok jetzt ist das sozusagen alles nur mal positiv. Ich habe ja z.B. im Insolvenzverfahren auch gewisse Vorteile, also Stichwort Insolvenzgeld, die ich ja nutzen kann um einen finanziellen Spielraum zu haben. Jetzt als Szenario gedacht, wenn ich eine StaRUG Restrukturierung einleite, habe ich solche finanziellen Spielräume ja auch nicht.

Liebaug: Das ist korrekt. Das StaRUG Verfahren ist kein Insolvenzverfahren. Ich hatte es eben schon mal angedeutet, das ist natürlich teilweise Instrumente im StaRUG Verfahren gibt, die man könnte sagen kopiert worden sind aus der Insolvenzordnung. Also wenn ich der Annehme und an den Restrukturierungsplan denke, der sehr einem Insolvenzplan ähnelt, zwar an der StaRUG angepasst wurde aber doch von den Grundzügen her einem Insolvenzplan sehr ähnelt, auch was die Gruppenbildungen und Abstimmungsmodernitäten angeht. Aber nichtsdestotrotz der StaRUG hat eben auch gewisse Vorteile, die ein Insolvenzverfahren bietet nicht. Das ist, sie haben es gesagt, das Insolvenzgeld. Das ist natürlich gerade für Unternehmen in der Krise ein unglaublicher Vorteil hinsichtlich der Liquiditätsgenerierung oder der Liquiditätsersparnis, weil ich eben Löhne und Gehälter nicht zahlen muss.

Liebaug: Das ist sicherlich ein Nachteil, aber das ist natürlich auch berechtigt so, weil es kein Insolvenzverfahren ist. Auf der anderen Seite bietet das StaRUG Verfahren natürlich darüber hinaus Vorteile, die das Insolvenzverfahren nicht bietet. Also wenn Sie dann nur an die Dauer dieses Verfahrens denken. Man kann sicherlich davon ausgehen, gut die Erfahrungswerte bundesweit gibt es noch nicht. Aber ich denke man kann davon ausgehen, dass ein professionell eingeleitetes StaRUG Verfahren unter Umständen, also im Best Case innerhalb von wenigen Wochen, aber maximal innerhalb von wenigen Monaten erledigt sein kann. Also wahrscheinlich sogar noch kürzer umgesetzt werden kann als ein Eigenverwaltungsverfahren. Wenn Sie davon ausgehen, dass ein Eigenverwaltungsverfahren oder Schutzschirmverfahren wahrscheinlich wenn es sehr schnell umgesetzt wird, vielleicht sechs Monate, neun Monate dauert, dann glaube ich schon, dass ein professionell eingeleitetes und organisierte StaRUG Verfahren noch deutlich kürzer umgesetzt werden kann. Das ist sicherlich schon mal ein großer Vorteil. Ein wesentlicher Vorteil des StaRUG Verfahrens ist natürlich auch, dass sie das Verfahren einleiten zu einem Zeitpunkt, in dem das Unternehmen sich nicht in der Insolvenzreife befindet und damit auch die Anforderungen an den Geschäftsführer, an den Unternehmensleiter, natürlich andere sind.

Liebaug: Ein Insolvenzreifes Unternehmen ist allein dadurch schon eingeschränkt in seiner Handlungsfähigkeit, weil der Geschäftsführer eben bestimmte Zahlungsverbote hat. Er kann den Betrieb nicht mehr so führen wie er es gerne würde, weil er bestimmte Zahlungen vielleicht gar nicht mehr auslösen darf, aufgrund der bestehenden Insolvenzreife. Das ist im StaRUG Verfahren nicht! Der Unternehmer kann letztendlich Zahlungen weiterhin leisten, wie er das vorher auch gemacht hat und hat nicht das Damoklesschwert über sich schweben, dass ihm da eine persönliche Haftung unter Umständen wegen Verstoß gegen Zahlungsverbote droht. Das sind wesentliche Merkmale. Ein großer Vorteil ist sicherlich auch, dass ich das StaRUG-Verfahren auch auf einzelne Gläubiger beschränken kann. Das heißt wenn ich vielleicht nur meine Bankenseite restrukturieren möchte in meiner Bilanz. Das heißt, dass ich natürlich kein operatives Thema habe, sondern ein finanzwirtschaftliche Thema und vielleicht über Kredite mit den Banken neu verhandeln möchte, über die Laufzeit von Krediten, über die Konditionen von Krediten, dann kann ich das StaRUG Verfahren wirklich auf diese Gläubiger zuschneiden. Das heißt, ich muss nicht mit allen Gläubigern verhandeln, sondern kann das StaRUG Verfahren fokussiert auf eine bestimmte gläubiger Gruppe betreiben. Auch ein großes Verfahren, was natürlich auch einen geringeren Abstimmungsaufwand und Verhandlungsaufwand erfordert, weil ich nicht mit allen Gläubigern mich auseinandersetzen muss. Also da gibt es sicherlich zahlreiche Vorteile die das StaRUG bietet, die das klassische Insolvenzverfahren so nicht bietet. Und dadurch vielleicht auch Nachteile, dass ihnen kein Insolvenzgeld gezahlt wird. In gewisser Weise auch wieder kompensiert werden können.

Braun: Jetzt haben wir gerade viel über die Vorteile des StaRUG gelernt. Wie sieht das dann aus wenn ich jetzt als Unternehmen feststelle, ich habe z.B. zu viele Mitarbeiter aus welchem Grund auch immer, oder ich habe ein Problem bei meinen Pensionsverpflichtungen. Wie ist denn da die Möglichkeit mit dem StaRUG tätig zu werden?

Liebaug: Ja, das fänden wahrscheinlich viele Chefs sehr schön, wenn der StaRUG ihnen da auch die Möglichkeiten bieten würde, sich schneller und kostengünstiger von Mitarbeitern zu entledigen. Diese Möglichkeit bietet der StaRUG allerdings nicht. Nochmals der StaRUG ist kein Insolvenzverfahren. Im Insolvenzverfahren haben Sie die Möglichkeit, sich schneller und kostengünstiger von Mitarbeitern zu trennen. Das ist im StaRUG nicht der Fall. Das heißt, ich kann in Rechte von Arbeitnehmern über das StaRUG nicht eingreifen, nicht pauschal eingreifen, sondern müsste dann so wie außerhalb einer Insolvenz auch das versuchen individuell mit den Arbeitnehmern zu regeln. Ich kann genauso wenig in betriebliche Altersversorgungsverträge oder Pensionsverpflichtungen eingreifen. Das heißt, wenn ich das Ziel habe, mich dadurch zu restrukturieren, dass ich Mitarbeiter abbaue, kostengünstig Mitarbeiter abbaue, oder mich auf Altlasten entledige in Form von Pensionsverpflichtungen, dann ist der StaRUG definitiv das falsche Verfahren. Dann müsste man hier ein Insolvenzverfahren, ein geplantes Insolvenzverfahren beispielsweise in Eigenverwaltung oder als Schutzschirmverfahren vorziehen.

Braun: Jetzt haben wir mitbekommen, dass die Arbeitnehmerrechte dann eben nicht angetastet werden können bzw. auch der Pensionsverpflichtungen, betriebliche Altersvorsorge nicht restrukturiert werden können. Als Szenario ist es aber dann die Möglichkeit z.B. mich von Verträgen, also wenn ich jetzt an dem idealisierten Einzelhandel denke, Mietverträge die langfristig sind, die für mich nachteilig sind. Da kann ich ja dann aber rangehen.

Liebaug: Sie meinen Schlecker oder Karstadt, sowas dieser Art?

Braun: Zum Beispiel in diese Richtung, ja.

Liebaug: Nein. Auch das ist nicht möglich. Also auch diese Möglichkeit bietet der StaRUG nicht. Das wurde ich sag mal hart umkämpft. Also in den ersten Gesetzentwürfen der StaRUG war das tatsächlich noch drin. Also letztendlich Regelungen, wie sie die Insolvenzordnung vorsieht, dass man sich von Verträgen letztendlich einfach lösen kann. Aber in die endgültige Gesetzesfassung ist das dann tatsächlich nicht mehr reingekommen. Also weil der Gesetzgeber hat dann einfach natürlich verschiedene Grundrechte gegeneinander abwägen müssen und da wäre der Eingriff in die Vertragsfreiheit natürlich zu groß gewesen. Also hat man davon Abstand genommen. Im Insolvenzverfahren ist das was anderes, weil es ist ein Gesamtvollstreckungsverfahren. Hier wird natürlich in Rechte von Gläubigern eingegriffen, aber der StaRUG ist eben damit nicht vergleichbar. Also die Vertragsfreiheit ging hier vor und man hat sich dann dagegen entschieden, solche Klauseln in Gestalt aufzunehmen, die die Lösung von Verträgen ermöglichen. Das ist also nicht möglich.

Braun: Das ist sehr spannend. Vielen Dank auf jeden Fall dafür, Herr Liebaug. Also man sieht, dass man mit dem StaRUG vieles machen kann, aber eben auch nicht alles. Und da ist so ein bisschen so immer die Frage; Okay, welches Sanierungs-Instrument nutze ich denn jetzt wirklich für genau meine Thematik? Und deswegen sollte man sich als Unternehmer, ich glaube das teilen sie, immer überlegen okay was ist mein Ziel und welches Sanierungs-Instrument ist das Sanierungs-Instrument der ersten Wahl?

Liebaug: Wenn ich da vielleicht noch ganz kurz einhaken darf. Ich glaube das ist tatsächlich das Wichtigste. Wenn man aus unserem Podcast heute etwas mitnimmt, dann sollte man mitnehmen, dass man sich gut beraten lassen sollte. Ja, weil ein Unternehmer sollte letztendlich wissen, welche Möglichkeiten der Sanierung oder Restrukturierung es gibt. Da er das im Zweifel nicht selber weiß, sollte er sich einen guten Berater suchen, der ihn da begleitet. Und dieser Berater müsste dann entsprechend prüfen In welcher Situation befindet sich das Unternehmen seines Mandanten? Welche wirtschaftliche Notlage gibt es schon, oder welche wirtschaftliche Notlage droht zu welchem Zeitpunkt? Und je nachdem, in welcher Situation sich das Unternehmen befindet, kommt unter Umständen der StaRUG in Betracht oder macht vielleicht auch viel mehr Sinn als eine geplante Insolvenz. Oder eine geplante Insolvenz ist eben doch zu bevorzugen, weil sie eben auf der anderen Seite Möglichkeiten bietet, wie beispielsweise das Entledigen von Pensionsverpflichtungen, oder die Reduzierung von Mitarbeitern, oder das Kündigen von Vertragsverhältnissen, die vielleicht zu teuer sind. Also gerade wenn wir über langfristig laufende Mietverträge reden, dass dann eben in solchen Fällen das Insolvenzverfahren als geplante Insolvenz im Rahmen einer Eigenverwaltungs- und Schutzschirmverfahrens vielleicht doch zu bevorzugen ist. Aber diese Entscheidung kann der Unternehmer sicherlich nicht alleine treffen. Dazu braucht er einen guten Berater an seiner Seite.

Braun: Wunderbar! Vielen Dank, Herr Liebaug.

Liebaug: Sehr gerne.

Braun: Und ich hoffe, dass wir uns bald mal wieder hören.

Liebaug: Würde mich freuen. Herr Braun.

Outro: Das war unser Podcast Listen. Restructure. Restructum. Wenn er Ihnen gefallen hat, abonnieren Sie uns doch beim Podcatchter Ihres Vertrauens. Dann erhalten Sie alle neuen Folgen direkt auf Ihr Handy. Gerne können Sie uns natürlich auch eine positive Bewertung hinterlassen, wenn Sie das möchten. Wenn wir noch etwas verbessern können, wenn Sie an einem bestimmten Thema besonders interessiert sind, oder wenn Sie uns Ihre Meinung zu den Inhalten unserer Sendungen mitteilen möchten, dann freuen wir uns über Ihre Mail an podcast@restructum.de.


Listen Restructure Restructum

In diesem Podcast beschäftigen wir uns mit Change Management und dem neuen Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, kurz StaRUG. Es geht um die Anwendung, Erfahrungen und Lehren, die man daraus ziehen kann, und um Führung in der Krise. Denn in jeder Krise liegt auch eine große Chance, mit neuem Schwung in die Zukunft zu starten.