Das Gesetz zur Stabilisierung und Restrukturierung von Unternehmen, kurz “StaRUG” ist seit dem Jahresbeginn 2021 in Kraft und hat somit bereits seinen ersten Jahrestag gefeiert. Das außerinsolvenzliche Sanierungsverfahren erweitert die Möglichkeiten für Unternehmen, sich aus einer finanziellen Schieflage zu befreien. Mit dem StaRUG können sie selbst bestimmen, mit welchen ihrer Gläubiger und in welchem Umfang sie sich restrukturieren möchten – und das im Wesentlichen nicht öffentlich und ohne Insolvenz. Im ersten Jahr kam das StaRUG bereits 22 Mal zum Einsatz.
Welche Vorteile das StaRUG bietet und wo es nach einem Jahr in der Praxis noch Luft nach oben gibt, lesen Sie in diesem Beitrag. Wir blicken aber auch in die Zukunft des StaRUG.
Was gibt das StaRUG vor?
Das StaRUG ist Teil des deutschen Sanierungsrechts. Es bietet eine neue, vorinsolvenzliche Möglichkeit, um Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten neu aufzustellen und somit zu retten. Das Gesetz basiert auf der EU-Richtlinie über die präventive Restrukturierung aus dem Jahr 2019.
Das StaRUG wird oft als Paradigmenwechsel in der Unternehmenssanierung bezeichnet, da es das Schuldnerunternehmen stärker als bislang in den Mittelpunkt rückt und den Unternehmen weitreichende Gestaltungs- und Eingriffskompetenzen ermöglicht. So ist es beim StaRUG zum Beispiel – anders als bei einer außergerichtlichen Sanierung – nicht erforderlich, dass alle Gläubiger der Restrukturierung zustimmen. Eine Mehrheit von 75 Prozent der (betroffenen) Gläubiger reicht aus. Früher war dafür eine einstimmige Entscheidung nötig, die mitunter wegen sogenannter Akkordstörer nicht immer möglich war.
Zudem bietet das StaRUG ein Instrumentarium an Restrukturierungsmaßnahmen, die für kleine, mittlere und große Unternehmen geeignet sind. Mit der Hilfe eines erfahrenen Restrukturierungsexperten sind die Aussichten auf eine erfolgreiche Restrukturierung sehr gut.
Wie wurde das StaRUG angenommen?
Ein Jahr, nachdem das StaRUG in Kraft getreten ist, sind die Möglichkeiten des Gesetzes bereits vielen Unternehmen, Banken, Versicherern und anderen professionellen Gläubigergruppen gut bekannt. Im ersten Jahr kam das StaRUG bereits 22 Mal zum Einsatz. Das entspricht allerdings “nur” rund zwei Verfahren pro Monat.
Das heißt jedoch keineswegs, dass Restrukturierungen mit den StaRUG unattraktiv sind. Auch nach dem ESUG, mit dem 2012 die Eigenverwaltung gestärkt und das Schutzschirmverfahren eingeführt wurde, dauerte es eine Weile, bis Unternehmer verstärkt auf diese Instrumente setzten.
Außerdem eignet sich eine StaRUG-Sanierung jedoch nicht für jeden Fall, denn das betroffene Unternehmen muss noch zahlungsfähig sein. Zudem darf im Zuge einer StaRUG-Sanierung nicht in Arbeitnehmerrechte eingegriffen werden, was einige Anwendungsfälle ausschließt – insbesondere dann, wenn das betroffene Unternehmen neben finanziellen auch operative Herausforderungen zu bewältigen hat. Aber dank StaRUG kann ein Unternehmen in der Krise eine Insolvenz vermeiden, indem es eine stärkere Verhandlungsposition gegenüber seinen Gläubigern noch in den Verhandlungen außerhalb der Insolvenz aufbauen und nutzen kann.
Diese Chancen bietet das StaRUG
Das StaRUG bietet für angeschlagene Unternehmen vielversprechende Möglichkeiten, sich ohne Insolvenz neu aufzustellen und die Verbindlichkeiten neu zu ordnen.
Das Gesetz bietet die Möglichkeit, sehr frühzeitig passende Restrukturierungsmaßnahmen einzuleiten, um eine Insolvenz zu vermeiden. Unternehmen, die diese Chance ergreifen, haben gute Chancen auf eine erfolgreiche Sanierung. Zwar ist dabei die Hilfe erfahrener Restrukturierungsexperten notwendig, doch je früher diese eingeschaltet werden, desto besser sind die Startbedingungen und die Erfolgsaussichten. Idealerweise führen Unternehmen zudem ein passendes Frühwarnsystem ein.
Das StaRUG hat auch noch Luft nach oben
Das StaRUG ist nicht für jedes Unternehmen geeignet. Das liegt zum einen an den jeweiligen Anforderungen des Unternehmens an eine Restrukturierung. So sind mit dem StaRUG zum Beispiel keine Eingriffe in Arbeitnehmerrechte möglich. Zum anderen kommen im Zusammenhang mit einer StaRUG-Restrukturierung Kosten und Aufwand auf ein Unternehmen zu, die das Unternehmen einplanen und bewältigen muss:
● Komplexität und Kosten des Verfahrens: Vor allem für kleinere und mittelständische Unternehmen sowie für Einzelunternehmen ist eine StaRUG-Restrukturierung mitunter finanziell nur schwer zu stemmen. Denn für eine erfolgreiche Restrukturierung gemäß StaRUG ist es nötig, sich von erfahrenen Experten begleiten zu lassen. Generell dürften sich die Kosten für eine StaRUG-Restrukturierung jedoch kaum von den Kosten eines Insolvenzverfahrens (in Fremd- oder Eigenverwaltung) unterscheiden – während mit dem StaRUG der Makel der Insolvenz vermieden werden kann.
● Änderungen: Kurz vor Verabschiedung reduzierte der Gesetzgeber die Möglichkeiten des StaRUG noch einmal deutlich ab. So wurde unter anderem ein Eingriff in ungünstige Verträge gestrichen – beispielsweise langlaufende Mietverträge, die das Unternehmen nur schwer oder nicht mehr erwirtschaften kann.
● (Noch) Zu wenige Fälle: Bislang mangelt es (noch) an StaRUG-Leuchtturmfällen – auch, da StaRUG-Restrukturierungen nicht veröffentlicht werden müssen. Öffentlich bekannt sind die erfolgreichen Restrukturierungen des schwäbischen Autozulieferers MGG, des Modeunternehmens Eterna, das eine millionenschwere Anleihe restrukturierte. Es ist allerdings davon auszugehen, dass es künftig mehr StaRUG-Restrukturierungen geben wird.
● Stigma als Druckmittel: Das StaRUG hilft dabei, das Stigma der Insolvenz zu vermeiden. Dafür ist es aber nötig, dass der Prozess still und reibungslos abläuft. Alle Beteiligten müssen Stillschweigen bewahren, was meist auch in ihrem Interesse liegt. Jedoch ist das Drohen mit der Öffentlichkeit mitunter ein Instrument beim Durchsetzen von Interessen in solchen Verfahren.
Ausblick: Das StaRUG in der Zukunft
Das StaRUG spielt im Restrukturierungsorchester noch nicht die erste Geige. Aber es ist zu erwarten, dass es künftig deutlich häufiger zum Einsatz kommt. Erste Gerichtsurteile, insbesondere zu unbestimmten Rechtsbegriffen, gibt es auch schon. Sie helfen, die teilweise noch bestehenden Rechtsunsicherheiten zu reduzieren. Zudem kann es sein, dass mit der Evaluation des StaRUG durch den Gesetzgeber neben der finanzwirtschaftlichen Restrukturierung künftig auch die leistungswirtschaftlich-operative Restrukturierung möglich sein wird.
Je mehr erfolgreiche Restrukturierungen es mit dem StaRUG gibt, desto bekannter wird das Verfahren werden und umso zugänglicher dürften Unternehmer für dieses Verfahren sein. Denn das StaRUG ist und bleibt ein hauptsächlich schuldnerinitiiertes Verfahren. Wenn bei außergerichtlichen Sanierungsversuchen ein Akkordstörer die in Aussicht stehende Sanierung zu gefährden droht, dann besteht für die anderen Gläubiger die Möglichkeit, selbst die StaRUG-Restrukturierung vorzuschlagen.
Wie lässt sich das StaRUG implementieren?
Eine StaRUG-Restrukturierung sollte am besten frühzeitig, schnell, konsensorientiert, ohne öffentliche Wahrnehmung und mit minimaler Gerichtsbeteiligung stattfinden. Die sogenannte Sanierungsmoderation, die im §§ 94 ff. des StaRUG festgelegt ist, kann dabei helfen, den nötigen Konsens auf neutrale, geräuschlose Art zu finden.
Es ist wichtig, sich bei der Restrukturierung von einem erfahrenen Experten beraten zu lassen. Die “Conciliation” in Frankreich – eine Art Vorbild für das deutsche StaRUG – zeigt, dass ein neutraler, erfahrener Sanierungsmoderator mit gerichtlicher Autorität die beste Person für die Implementierung der Restrukturierungsmaßnahmen des StaRUG ist.
Wichtig ist in einer StaRUG-Restrukturierung auch die Rolle des Restrukturierungsbeauftragten. Als neutrale Instanz kann er zu einem wichtigen Akteur für das Gelingen der Restrukturierung werden. Dieser Experte sollte Erfahrung im Insolvenzrecht mitbringen und von allen Seiten akzeptiert sein. Bei Bedarf kann ein Restrukturierungsbeauftragter vom Gericht zusätzliche Befugnisse erhalten.
Bei Restructum bieten wir Ihnen nicht nur umfassende Erfahrung mit dem StaRUG, sondern auch ein professionelles, kommunikatives Team. Gemeinsam mit Ihnen nutzen wir die Möglichkeiten des StaRUG, um Ihrem Unternehmen zu wirtschaftlicher Stärke und mehr Widerstandskraft zu verhelfen.